Na endlich. Der i3 von BMW rollt von der Rampe auf die Straße. Die Zielvorgabe ist eindeutig: Zero Emission. Denn es bestand und besteht Handlungsbedarf. Bereits 50 Prozent der Weltbevölkerung leben in Mega-Cities. In urbanen Räumen mit mindestens zehn Millionen Einwohnern. Eine Tendenz mit Nachhaltigkeit: Bereits 2050 sollen mehr als 70 Prozent aller Menschen in einer Mega-City leben. Und Mobilität muss gewährleistet sein. Möglichst umweltverträglich.
Über das Design hüllen wir mal den Mantel des Schweigens. Es polarisiert. Hätte man vor ein paar Jahren die Community der Social-Media Nutzer gefragt, der i3 sähe sicher etwas anders aus. Aber letztlich entscheiden zukünftige User, ob aus dem ehemals MCV genannten Auto ein Hit wird. Stattdessen soll der mutige Schritt im Fadenkreuz stehen, der ein Auto für den urbanen Raum auf die schmalen Reifen stellt, das bestenfalls mit Null CO2 unterwegs sein soll. Dazu hatte BMW vor Jahren eine kleine Mann- und Frauschaft ausgeschickt, um die größten Mega-Cities zu besuchen und dort Daten zu erheben, mit Menschen jeglicher Couleur und Tätigkeit zu sprechen, rund um das Thema Mobilität. Ein Wust an Zahlen, Fakten und Statistiken entstand und belegte alsbald, dass individuelle Mobilität in Großstädten wichtig bleibt. Und meist mit einem Radius von 50 Kilometern pro Tag auskommen kann. Aber nicht muss. Wer im Vorort von Mexiko-City lebt, braucht mehr als das Doppelte an Endurance.
Das legt auch den Leistungsbedarf der Batterie fest, denn das Megacity-Vehicle – so hieß es zu Beginn – sollte nicht für Langstreckenfahrten dienen, sondern dem City-Bewohner bei seinen täglichen Kurzstrecken dienlich sein. Sprich: Es ging nicht darum, eine Baureihe mit einem flott gestylten Nachfolger zu versehen, sondern das Auto komplett „neu zu denken“. Wird es ein Zweisitzer, Viersitzer? Eventuell etwas mit Neigetechnik. Oder gar nur ein puristisches Dreirad wie die Ape? Um den Wirkungsgrad des E-Mobils zu steigern, stieg BMW in die Produktion von Carbon (CFK) ein. Ein sehr aufwendiges, sehr teures Projekt, das aber unter dem Strich reichlich Gewicht im Vergleich zu Stahl und Aluminium spart. Und, wie sich jetzt langsam heraus stellt, auch für den Rest der BMW Familie Erkenntnisse und Produktionsprozesse abwirft, die als Return on Investment bald auch die Einser bis Siebener Modelle und alle SUV beflügeln wird.
Kurze Historie
Im Jahr 2011 stand dann auf der IAA in Frankfurt ein Konzept auf dem Podest, das aus vielen Überlegungen zu den erhobenen Fakten zusammen gestellt war. Ein Auto, das ohne jeden Hybrid oder Range Extender auskommen sollte und trotzdem den Mobilitätsbedarf eines Großstädters befriedigen sollte. Der Name: i3. Eine Untermarke von BMW, die sich zwar mit den beiden „Nieren“ der bekannten Fahrzeuge aus Bayern ziert, aber eben nicht so recht zu dem Konzern dazu gehört, der die Freude am Fahren mit Verbrennungsmotoren auf seine Fahne geschrieben hat.
„Die Megacity kann kommen, der i3 ist schon da. Als Tool von morgen mit hoch entwickelter Technik von heute.“
Anno 2013 steht die finale Version dieses Umweltkünstlers in Amsterdam auf dem Sockel. Denn in der niederländischen Metropole nimmt man es mit der Elektromobilität so ernst, dass im Straßenbild mehr als 700 Ladestationen installiert sind. Grund genug, den kleinen Stromer dort ausfahren zu lassen. In der Zwischenzeit hat BMW nicht nur alles unternommen, um das Fahrzeug durch und durch recyclebar zu machen sowie nachwachsende Rohstoffe zu verbauen. Mehr noch: In Leipzig ist ein extrem nachhaltiges Werk mit eigener Windstromversorgung entstanden. Die Fabrik erzeugt mehr Strom, als sie selbst verbraucht. Hier werden die i3 demnächst von den Bändern purzeln.
Herausgekommen ist ein Viersitzer, der in jeder Beziehung anders ist als Auto 1.0. Schon die beiden zusätzlichen Halbtüren hinten sind zwar ansatzweise im Mini und bei Rolls Royce verbaut, aber im i3 sind es eher erweiterte Hinterbankzugänge denn richtige Türen. Innen dann ein Fahrzeug, das ohne jeglichen Kardantunnel oder andere Kontaktbremsen auskommt. Die verbauten Materialien bestehen aus ökologischen Rohstoffen, was nicht immer schick, aber politisch korrekt ist. Das Armaturenbrett ist, mit Verlaub, ein wenig stark auf Bio getrimmt. Mittig, wie bei anderen BMW-Modellen auch, der große Bildschirm, der an ein Tablet erinnert. Versenkt in einer Kuhle, für die es eigentlich keinen Grund gibt. Dahinter erstreckt sich, wie ehedem bei den ersten Beetles von VW, ein weiter, ungenutzter Raum, der bis zur Frontscheibe reicht. Ein konventionelles Multifunktionslenkrad ziert den i3 auch, aber dahinter wird es wieder sehr anders. Die wesentlichen Infos werden in ein frei stehendes Display übertragen. Rechts vom Lenkrad befindet sich neben dem Hebel für Scheibenwischer auch noch ein ziemlich heftiger Knubbel, mit dem die Automatik angesteuert wird. Und der Start-Stopp-Knopf, sowie die Feststellbremse. Alles in einem kantigen Würfel drin und dran. Der Synchronmotor kennt nur drei Betriebsarten: D, R und N. Für das Fahren mit der Freude an Nachhaltigkeit hat BMW aus seinem Baukasten die Modi Comfort und EcoPro beigetragen. Für den Stromer kommt noch der Modus EcoPro+ hinzu, der auf möglichst lange Wege setzt und selbst beim elektrischen Fahren noch spart.
Drücken des Start-Knopfes und so gut wie nichts passiert. Außer, dass im kleinen Display mit READY die Bereitschaft angezeigt wird. Und die mögliche Reichweite, um den i3 flugs zu bewegen. Im D-Modus geht es zackig voran. Wie bei allen Elektromobilen ist der gesamte Kraftvorrat bei Drehzahl Null im Angebot. Das verleiht dem i3 in der Stadt Flügel, wie der Koffein-Drink aus Österreich. Der leichte Stromer schießt buchstäblich aus den Startblöcken, lässt nur das Wimmern der Leichtlaufreifen vernehmen. Hinzu kommt, dass er einen irrsinnig kleinen Wendekreis hat und somit wie ein Wiesel durch die engen Gassen Amsterdams sprintet. Ein Springinsfeld für die Stadt. Schön ist, dass dieses Gerät eigentlich mit einem einzigen Pedal gesteuert werden kann. dass wir nicht Gas-, sondern Strompedal nennen wollen. Nimmt man den Fuß vom Strompedal, switcht der E-Motor auf Generator um, rekuperiert Energie und bremst dabei gleichzeitig ab. Nach nur wenigen Kilometern hat man es raus, wie man kurz vor dem letzten Fahrzeug an der Ampel ausrollt, ohne zu bremsen.
Die Sitzlehnen sind etwas hart und stehen sehr steil, aber es ist ja ein urbaner Cruiser und kein Langstrecken-Spannungstreiber. Die Lenkung ist sehr direkt und präzise, die Federung straff bis lässig (je nach Fahrmodus), die Platzverhältnisse für vier richtige Erwachsene etwas karg. Und weil BMW an alles gedacht hat, schwingen wir mit dem kleinen Wusel mal bei einer Ladestation vorbei, öffnen die Fronthaube, entnehmen das Ladekabel und stellen den Strom via „Charge-Now“ Karte an. Der i3 nimmt gelassen die Ladung an, blinkt in der Tankklappe mit hellblauen LEDs und zeigt im kleinen Display, was gerade abgeht. Und keine Panik: Wer lädt, kann mit dem i3 nicht wegfahren und das Kabel aus der Ladestation reißen. Erst abmelden, dann den Elektroschlüssel wie zur Öffnung des Autos betätigen und erst danach lässt sich das Kabel aus der Buchse am Fahrzeug entfernen.
Und weil BMW noch weiter gedacht hat, gibt es auch eine App. Die enthält neben reichhaltigen Informationen über Stromverbrauch, CO2-Einsparungen sowie Kontrollfunktionen auch noch eine Anzeige über den Ladezustand. Wer den i3 ans Netz hängt, kann ihn getrost dort hängen lassen, einen Termin wahrnehmen oder Kaffee trinken gehen. Und hat immer im Blick, wie es dem Kleinen an der Steckdose geht. Im Sommer kann Vor-Klimatisierung, im Winter Vor-Heizung eingestreut werden. Beides beherrscht der i3 perfekt und steht damit putzmunter am Dock, wenn der Nutzer kommt.
Der Clou: Es stellt sich sehr bald eine urbane Gemütlichkeit ein, eine Ruhe, die aus der Kraft des Stromes entstammt. Da der Strom-Mix stimmt, weil BMW dran gedacht hat sich mit entsprechenden Partnern zu verbünden, die App bestens informiert, weil BMW schon lange mit Apps im Auto experimentiert, kann man guten Gewissens ins Stromologen-Lager wechseln. Der einzige Störfaktor könnte die nörgelnde Partnerin auf dem Beifahrersitz werden. Die lässt sich aber dadurch bremsen, dass die ausgezeichnete Musikanlage den Lärm macht, den früher der Verbrenner erzeugte.
Es gab in Amsterdam viele analoge LIKES von Passanten, Rad- und Autofahrern. Der i3 wurde öfter fotografiert als manches Hollywood-Sternchen. „I’m Dying“, entfuhr es einer etwas überkandidelten Kalifornierin. Dabei wedelte sie sich mit den Händen symbolisch Frischluft zu. Wie sich herausstellte, starb sie fast vor neugier darüber, ob der i3 auch in die USA käme. Er kommt. Wie in weitere 35 bis 40 Märkte weltweit.
Die Angst reiste an keinem Tag mit. Erstens, weil es reichlich Ladestationen gab. Zweitens, weil die Informationsdichte des i3 zu überzeugen weiß – auch über Restkilometer. Drittens, weil diverse Kilometer durch Rekuperation wieder eingefangen wurden. Und last but not least: Weil es fast unmöglich ist, den voll geladenen i3 an einem Tag in Amsterdam leer zu fahren. Trotzdem sieht es draußen wohl anders aus. BMW bietet neben dem reinen Stromer für 34.950 Euro (inklusive Batterie) auch noch einen i3 mit Range Extender an. Der wiegt noch einmal 150 Kilo mehr und kostet 5.000 Euro zusätzlich. Die Tendenz bei den Vorbestellungen geht in Richtung 50 Prozent (oder auch etwas mehr) mit zusätzlichem Verbrennungsmotor. Dabei gibt BMW auf die Batterie acht Jahre oder 100.000 Kilometer Garantie. Und bietet, wenn es denn mal etwas weiter gehen soll, auch verbrennungsmotorische Hilfsleistung in Form von konventionellen BMWs. Warum also dann zum Auto 2.0 noch einmal einen zusätzlichen Stinker in die Garage stellen. Die Wall-Box, die BMW für 850 Euro anbietet, schafft es auch in kurzer Zeit, genügend Kilometer in den Akku zu pumpen, damit die Kinder vom Saxophon-Unterricht oder vom Eurythmie-Kurs abgeholt werden können.
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